Sonntag, 19. März 2023

Warum liegt denn hier Schnee.....?!


Hannover 96 - FC Hansa Rostock 1:1 (0:1)

Heinz von Helden - Arena, Zuschauer: 31.600, Auswärtsfahrer: ca. 5.000 (12. März 2023)


Nach zehn Auslandsberichten in Folge, sollte es jetzt mal wieder eine Auswärtsfahrt innerhalb der heimischen Grenzen sein. Da ich die Kollegen in Hannover schon länger nicht besucht hatte, bot sich das Spiel gegen Hansa Rostock an. Rostock bringt auswärts immer einen ordentlich Pöbel mit und Hannover...ist halt Hannover. Fix den Zug gebucht und der Lehrer kümmerte sich um die Eintrittskarte. Das Drumherum sollten die Hannoveraner organisieren.



Meine Anreise sollte samstags erfolgen, das Spiel fand dann am Sonntag statt. Diesmal startete meine Reise nicht wie gewohnt am Hauptbahnhof, sondern an dessen Zweigstelle im Süden der Stadt. Das machte die Anreise etwas schwieriger, aber es war nicht zu ändern. Dafür war die Verbindung für einen schmalen Taler zu haben. Am Bahnhof angekommen, lief ich auch schon in einen Schwung süddeutscher Dullies aus dem Ländle. Bei meinem letzten Besuch in der Leinestadt spielten diese gegen die Stuttgarter und heute traten eben diese beim ortsansässigen Erstligisten an. Welch ulkiger Zufall. Der Zug stand schon am Gleis und ich zwängte mich durch Massen an Mitfahrern in Richtung des gebuchten Sitzplatzes. Blöderweise ging ich in die falsche Richtung. Irgendwann hatte ich es gebacken bekommen und erreichte meinen Platz. Super, ich hatte einen Fensterplatz ohne Fenster. Bevor ich mich aufregen konnte, stand auch schon der Kartenknipser der Deutschen Bahn neben mir und wollte meine Fahrerlaubnis sehen. Gesagt, getan. Jetzt machte ich es mir gemütlich und fuhr entspannt zum Zielort. In Hannover angekommen wurde ich vom Wetter überrascht. Hier lag Schnee und es war arschkalt. Zum Glück hatte ich einen dünnen Windbreaker an. Memo an mich, einfach mal ne Wetter-App bedienen. Dann muss man beim Fußball nicht so oft frieren. Der Lehrer holte mich ab und überreichte mir erst mal eine Dose Herri. Das nenne ich mal ein feines Willkommensgeschenk. Nach der Begrüßung machten wir uns auf den Weg zu seinem Domizil. 


Am Abend stand eine Geburtstagsfeier beim Elektriker an. Seine Frau feierte ihr Wiegenfest. Zu den geladenen Gästen zählten die üblichen Verdächtigen aus Hannover. Zu den Gastgebern gesellten sich der Lehrer, Reinböng und später noch der Katzenvater. Bei leckerer Suppe und Hopfensmoothie verbrachten wir den Abend in geselliger Runde. Zwischendurch lief im TV noch das Revier-Derby. Das interessierte allerdings niemanden. Die Aufmerksamkeit steigerte sich lediglich während der Pyroaktionen in den jeweiligen Fanblöcken. Gegen 23:00 Uhr verabschiedeten sich der Lehrer und ich mich von den anderen. Da sich der Lehrer mittlerweile dem Alkohol mit Händen und Füßen verwehrt, qualifizierte er sich direkt als Chauffeur. Das war aber nicht weiter schlimm, denn wir mussten morgens sehr früh aufstehen. Sehr früh hieß in diesem Falle kurz nach 7:00 Uhr. An einem Sonntag. Herzlichen Glückwunsch.

Matchday! Im Bad ging es bei mir erstaunlich zügig voran. Das würde ich mir mal an Arbeitstagen wünschen. Rechtzeitig machten wir uns auf den Weg zum Zug in die City von Hannover. Heute war es gefühlt noch kälter als am Vortag. Immerhin hatte ich einen Schal und eine Mütze im Gepäck. Die wirklich benötigten Handschuhe fehlten von der ersten Sekunde an. Das könnte ein langer Tag werden. Als wir am Hauptbahnhof ankamen gingen wir zum ZOB. Hier sollte es Schließfächer geben. Meine Tasche wollte ich ungerne mit zum Spiel nehmen. Für schlappe 4 Euro konnte ich sie da auch tatsächlich einschließen. Ich schaute mich um und war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich im Warteraum einer Sozialstation oder im Wartebereich eines Busbahnhofes war. Hier saß einer mit einer Augenklappe, zwei Sitze weiter einer, der nur noch einen Schuh trug. Ein anderer hatte offensichtlich schon vor Tagen mindestens einen über den Durst getrunken. Der nächste hatte einige Plastiktüten um sich geschart. Eine ulkige Truppe hatte sich hier eingefunden. Es gab keinen Grund hier noch länger zu bleiben. Wir verschwanden aus dem Kabuff und tigerten in die City. Der Lehrer erzählte, es gebe heute keinen organisierten Marsch zum Stadion, aber man sei frühzeitig in der Stadt, falls Rostocker Frechdachse unterwegs sein würden. Wir stromerten durch die Gegend und begaben uns vor ein bekanntes Café. Hier warteten wir auf die Kollegen Elektriker und Katzenvater. Der Lehrer befürchtete, die beiden hätten am Vorabend wohl zu lange gezecht. Da sollte er Recht behalten. Der Katzenvater rief an, er läge noch im Bett und würde noch nicht wissen, wann er es aus dem Bett schaffe. Gleiches war vom Elektriker zu vernehmen. Ob sie nun im selben lagen, wollte ich nicht so genau wissen. Wir standen derweil in der Kälte herum und immer wieder liefen kleine Gruppen Hannover-Jungs durch die Fußgängerzone. Die meisten grüßen den Lehrer, wohl aus Sorge vor Strafarbeiten oder Nachsitzen. Irgendwann kam dann auch der Katzenvater zum Treffpunkt. Seine Rüstung war ziemlich verbeult, war wohl noch ein langer Abend. Statt ins Café zu gehen gingen wir zwei Straßen weiter und meine Begleiter trafen sich da mit anderen 96ern. Auf diesem Platz lungerten gut 60 Leute in szenetypischen Klamotten und zwei Kuttenaffen herum. Sie hielten ihren Schnack und ich schaute mir das Treiben an. Eigentlich war mir nur kalt. Also, richtig kalt. Keine Ahnung wer, aber jemand kam auf die glorreiche Idee endlich mal in eine Kneipe zu gehen. Endlich....endlich Kneipe. Mit gut 40 Mann strömten wir in diese dunkle Kaschemme und hockten uns hin. Der Katzenvater lechzte nach Futter. Irgendeiner der Anwesenden bestellte mal fix 10 Currywürste mit Pommes. Das kann man um 9:30 Uhr schon mal machen. Ich lehnte dankend ab und orderte mir erstmal einen Schwarzen Steiger. Das war ein schwarzes Schwarzbier, muss man mögen. Mir war es egal, Hauptsache drinnen. Mit einiger Verspätung stapfte auch der Elektriker in die Wirtschaft. Nach gut einer halben Stunde dachten die Hannoveraner, es wäre doch besser sich wieder in die Kälte zu stellen. Bezahlen, austrinken und ab vor die nächste Pinte. Hier stand dann ein Mob von 300 Leuten rum. Gut eine Stunde gammelten wir nun hier herum. 



Als sich die Meute dann in Bewegung setzte, war ich froh. Endlich bewegen gegen die Kälte. Wir gingen in Richtung Stadion. Zwischendurch detonierte der ein oder andere Böller. Rauch und Bengalfackeln waren ebenfalls im Einsatz, also nichts außergewöhnliches. Nach etwa 20 Minuten kamen wir am ehemaligen Niedersachsenstadion an. Die Jungs wollten direkt zum Öffnen der Stadiontore durch die Drehkreuze. Jetzt standen wir hier wieder rum und unterhielten uns. Der Lehrer drückte mir unaufgefordert ein Gilde Bier in die Hand. Leider erwärmte es mich nur marginal. Ich fror wie ein Schneider und wir standen weiter herum und quatschten dummes Zeug. Nun war es Zeit in die Blöcke zu gehen. Wir trennten uns. Die Hanoi-Lads gingen in ihren Block, ich saß etwas abseits und hatte so einen guten Blick auf den Heim- als auch auf den Gästeblock. Rostock füllte den Auswärtsbereich massiv aus. Wahrscheinlich waren sie akustisch durchaus passabel, aber ich fand, in dieser Arena ging viel Lautstärke verloren. Es entwickelte sich ein munteres Spielchen. Hannover 96 schoss dann einen sehenswerten Führungstreffer, aber der VAR meinte dann dreist: "Nö, du heute nicht." Kein Tor! Das machte dann Hansa kurz vor der Pause deutlich besser und ging in Führung. In der zweiten Halbzeit ging der Kick genau so weiter. Irgendwann stolperten die Gastgeber den Ausgleich rein. Dann gingen sie erneut in Führung. Und die Unparteiischen sagten wieder: "Nö, auch du nicht!" Letztendlich endete der Kick mit einem verdienten Remis. Mich interessierte ohnehin mehr das Treiben auf den Tribünen. Hansa glänzte mit einer feinen Schalparade. Zwischendurch zeigten sie eine Zaunfahne, Pullis und Schals von H96. Offensichtlich wurden diese Dinge mal irgendwo gefunden...oder so ähnlich. Hannover beschränkte sich auf Liedchen singen und Fahnen schwingen. Gedanklich war der Heimanhang ohnehin schon im Derby gegen die Hörnerwhiskey-Typen in blau-gelb. Nach dem Spiel traf ich mich mit meinen Gastgebern an der Pizzabude hinter der Fankurve. Hier durfte ich mir dann anhören, dass es in Hannover immer so ist, dass wenn man mal die Chance hat nach oben zu kommen, dann verkackt man. Und der Schiri pfeift eh immer gegen die eigene Mannschaft. Kennt man ja, von jedem Club. Wir warteten bis alle da waren und machten uns dann auf den Weg Richtung Innenstadt.

Auf dem Weg zum Bahnhof verabschiedeten sich der Katzenvater und der Elektriker. Als wir an der Ampel unweit des Waterloo-Biergartens waren, hielt der Lehrer noch einen Schnack mit durchaus aktiveren Mitglieder der heimischen Fanszene. Da standen doch plötzlich zwei sehr auffällige Subjekte an der Ampel. Gekleidet mit schicken Laufschuhen, Jeans, schwarzer Bomberjacke und kurz geschorenen und gescheitelten Haaren. Einer der beiden trug einen Schlauchschal über die Nase gezogen und der andere einen blau-weißen Seidenschal. Bei Grün wackelten sie locker flockig über die Straße. Nun muss den beiden Clowns, etwa 18/19 Jahre alt, bewusst geworden sein, dass sie gerade nicht die beste Entscheidung getroffen hatten. Die Erlebnisorientierten hatten sie direkt auf dem Radar und es kam wie es kommen musste. Fix wurden sie gestellt und freundlich gebeten sich von ihren nicht so hübschen Seidenschals zu trennen. Einer tat dies auch ohne großes Murren, der andere brauchte eine Entscheidungshilfe mittels eines Nackenklatschers. Nachdem das geklärt war, machten die beiden kehrt, und schlappten Richtung Bahnhof zurück. Dies geschah mit einem Geleit von einer handvoll Einheimischer, nicht dass die Eierdiebe noch auf irgendwelche Ideen kommen. Auf unserem Weg zum Zug sahen wir plötzlich zwei Szeneunkundige Beamte die Straße entlang rennen. Keine drei Sekunden später sprinteten 10 Uniformierte hinterher. Wahrscheinlich war irgendwo ein Fahrrad umgefallen. Im Bahnhof angekommen schaute ich mir die Anzeigetafel an. Der ICE nach München hatte 110 Minuten Verspätung. Die armen Schweine dachte ich und grinste. Das verging mir gleich wieder, denn mein Zug hatte 25 Minuten Verspätung. Gar nicht mal so gut. Ich verabschiedete mich vom Lehrer und holte meine Tasche aus dem Schließfach. Der Typ mit nur einem Schuh hatte mittlerweile gar keinen mehr an. Der mit der Augenklappe lag quer auf zwei Stühlen. Die anderen waren zwar weg,  sind aber ersetzt worden von ähnlich abgeranzten Figuren. Immerhin war es hier warm. Zurück im Bahnhof holte ich mir erstmal was zu trinken und stellte mich wieder vor die Anzeigetafel. Nicht dass die Deutsche Bahn noch mehr Scherze auf Lager hat. Nun rief der Elektriker an. Wo ich sei, wollte er wissen. Er sei in der Nähe und würde noch mal vorbei kommen. Wenige Augenblicke später stand er neben mir. Wir quatschten noch eine Runde als wie aus dem Nichts ein halber Mannschaftszug BFE in den Bahnhof rannte und sich schon die Helme anzog. Der Elektriker drückte mir sein Bier in die Brust und mit jeder Menge Kniegas sprintete er wortlos hinterher. Wow! Nun kam der nächste Schwung Cops angerannt. Es schien, als ob es hier noch kurzweilig werden würde. Nach etwa 10 Minuten kam er zurück und sagte nur, "war nix". Gut, dann kann ich ja langsam los. Ich holte mir noch was zu Essen und verabschiedete mich endgültig. Ab zum Zug.

Im Zug durfte ich dann wieder einen Fensterplatz belegen und auch diesmal ohne Fenster. Es war wieder keines da! Danke für nichts. Kurze Zeit nachdem wir losfuhren kam die Durchsage, die Passagiere die in Kassel-Wilhelmshöhe aussteigen wollen, sollten schon in Göttingen aussteigen. Man würde heute nicht in Kassel halten. Fertig! Das lob ich mir, die labern nicht lange rum. Ohne Fenster versuchte ich ein Nickerchen zu machen. Das klappte nur suboptimal. Als wir Fulda passierten kam die Durchsage, dass Passagiere, die in Hanau den ICE nach München nehmen wollten, diesen nicht mehr erreichen würden. Grund dafür sei die Verspätung dieses Zuges. Allerdings hätten sie die Möglichkeit die Regionalbahn nach Aschaffenburg zu nehmen. Dort sollten sie dann noch mal nachfragen, wie es für sie weiter nach München ginge. Herzlichen Glückwunsch! Da kommt bestimmt Freude auf. In Aschaffenburg will niemand tot über dem Zaun hängen. Schon gar nicht will man da an einem Sonntagabend mit dem Regional Express stranden, wenn das Ziel eigentlich München heißt. Um nicht ebenfalls noch Schwierigkeiten beim Transfer nach Hause zu bekommen, orderte ich via Telefon eine Fahrgelegenheit. Sicher ist sicher.


Ein kurzweiliger Besuch bei Freunden in Niedersachsen ging zu Ende. Es war mir ein innerliches Blumenpflücken. Ich komme gerne wieder. Ein Herri auf euch Gurkendiebe! Und vielleicht ist die Lange mal wieder zu motivieren....denn sie hat ja ihr Nest mittlerweile in Hamburg aufgestellt.