Sonntag, 23. Juli 2023

U.N.V.S.U. .......im FLJ-Sportpark!


Berliner Fußball Club Dynamo - Hertha BSC 0:2 (0:0)

Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, Zuschauer: über 10.000, Auswärtsfahrer: ca. 2.000 (07. Juli 2023)



Seit Jahren wollte ich schon den altehrwürdigen Jahn-Sportpark, im Prenzlauer Berg in Ost-Berlin, besuchen. Nie hat es zeitlich gepasst, aber bei dieser Ansetzung gab es keine Ausreden mehr. Zumal die Zukunft dieses Stadions leider besiegelt ist. Folglich wurden direkt zwei Tickets für die Tribüne geordert und der Zug gebucht. Da die Hotelsituation an diesem Wochenende in Berlin ein Desaster war, quartierte ich mich bei einem alten Schulfreund ein. Er lebt seit einigen Jahren in Berlin, genauer gesagt in Spandau bei Berlin. Offensichtlich wird da sehr viel Wert drauf gelegt. Das letzte Mal sahen wir uns vor Jahren bei einem gemeinsamen Trip nach Helsinki. Aber das ist eine andere Geschichte.



Das Spiel fand an einem Freitagabend statt, somit plante ich meine Anreise für den Freitagmorgen. Wie so oft kam ich schon morgens im Badezimmer in zeitliche Schwierigkeiten, sodass mal wieder wesentlich schneller zu Bahn gehetzt werden musste als geplant. Mist, die U-Bahn hatte ich knapp verpasst. Der zeitliche Puffer war nun schon wieder weg. Genervt nahm ich die darauffolgende Bahn und eierte zum Bahnhof. Glücklicherweise hatte ich im Vorfeld schon genügend Flüssigkeit in die Tasche gepackt. Am Bahnhof holte ich mir noch ein überteuertes Brötchen und stand pünktlich am Bahnsteig. Mit mir eine recht stattliche Anzahl Mitreisender. Alle waren pünktlich und startklar, aber wo blieb der Zug? Um 7:58 Uhr sollte es losgehen. Jetzt um 8:10 Uhr kam die Durchsage, dass es eine Verspätung geben würde und wir um 8:25 Uhr losfahren können. Um fünf vor halb neun wurden wir darauf hingewiesen, dass wir wohl doch erst um 8:33 Uhr los können, weil das Zugpersonal zu spät erschienen ist. Na, Hauptsache die feinen Herrschaften haben ausgeschlafen. Mit 45 Minuten Verspätung ging es dann los. Die Anreise in die Hauptstadt verlief dann eher gemütlich und 19 Minuten konnten aufgeholt werden. Das hatte sich dann in Wittenberg wieder erledigt. Innerhalb des Zuges ereignete sich wohl ein medizinischer Notfall. Nichts ging mehr und der Zug wartete brav auf den Rettungswagen. Die zwischenzeitliche Aufforderung den Erkrankten auf den Bahnsteig zu legen, wurde vom Zugpersonal abgelehnt. Irgendwann wurde es dem Lokführer zu bunt und er blaffte via Lautsprecher die Raucher auf dem Bahnsteig an. Diese sollen doch gefälligst 3 Meter Abstand von den Türen halten, da diese einen Rauchmelder hätten. Seine Aussage wurde mit wüsten Beschimpfungen seitens der Raucher quitiert. Na prima, die Stimmung steigt. Irgendwann kletterten die Dampfhansel wieder ins "Eiserne Pferd" und wir fuhren mit gut einer Stunde Verspätung durch die östliche Prärie in Richtung Hauptstadt. 





Am Hauptbahnhof angekommen, machte ich mich auf dem Weg gen Spandau. Der selbsternannte Mr. Magicman musste noch arbeiten und so suchte ich mir eine Lokalität, um dort auf ihn zu warten. Ich steuerte das einzige Café an, das ich dort oben kenne. Im Bistro "Charlotte" orderte ich erstmal ein Lübzer Pils. So kann man den Nachmittag einläuten. Nach einer Weile dackelte auch der Gastgeber an. Wir begrüßten uns und nach seinem Kaffee machten wir uns los in seine Bude. Ich dachte, wir könnten laufen. Pustekuchen! Es stand eine amtliche Busfahrt an. Bei ihm angekommen, machten wir uns frisch und direkt wieder auf den Weg zum Spiel. Nach einer Bus- ünd anschließender S-Bahnfahrt kamen wir nach einer Ewigkeit im Prenzlauer Berg an. Von hier unternahmen wir einen Fußmarsch zum Stadion und je näher wir kamen, desto mehr wirkte die Aura des Stadions auf mich. Meine Begleitung reagierte da etwas nüchterner. Wir suchten unseren Eingang und erklommen die Tribüne. Das Rund war schon gut gefüllt und während Mr. Magicman sich zu den kühlen Getränken vorarbeitete, suchte ich unsere Sitzplätze. Die Atmosphäre ließ ich nun auf mich wirken. Es ist ein unfassbar schönes Stadion. Nach einer Weile kam er endlich mit den Kaltgetränken. Da sich der Anstoß wegen des großen Zuschauerandrangs verzögerte, lauschten wir der musikalischen Unterhaltung. Hier war alles vertreten, von deutschem Schlager bis hin zu den Böhsen Onkelz. Das der osmanische Mr. Magicman bei "Auf gute Freunde" mit dem Kopf mitwippte und heimlich Textzeilen mitsprach, überraschte mich dann doch etwas. Zu Manowar liefen dann die Mannschaften ein. Die Gegengerade zeigte eine Wendechoreografie aus dem alten und neuen alten Logo. Ja, der BFC hat sein altes Logo zurück. Herzlichen Glückwunsch. Ansonsten war es ein flottes Spielchen. Von den Rängen hörte man immer wieder "Scheiss Union", sowohl von Seiten der Dynamos als auch von der Hertha. Ein Wechselgesang stellte sich allerdings nicht ein. In Halbzeit 2 verpasste ich die ersten 15 Minuten, da die drei Tanten an der Getränkeausgabe doch irgendwie chaotisch agieren wollten. Naja, sei es drum. Zurück auf dem Sitzplatz fragte ich meine Begleitung nach der Zuschauerzahl. Diese sollte kurz danach durchgesagt werden. "Über 10.000 Zuschauer, und damit gelten wir als ausverkauft."...war dann noch eine eigenwillige Mitteilung des Stadionsprechers des BFCs. Genauer wollte ich es nicht wissen. Im zweiten Durchgang wechselten die Teams ihre Protagonisten fleißig durch. Die Hertha ging 1:0 in Führung und etwa 2 Minuten nach dem Treffer wurde im BSC-Fanblock völlig sinnlos eine Fackel gezündet. Kurz drauf fiel das zweite Tor, allerdings ohne bengalische Untermalung. Zwischendurch wurden immer mal wieder Böller gezündet, aber richtig gejuckt hat das dann doch keinen. Das Highlight des Spiels war der junge Mann, der erst über den Zaun des Gästesektors kletterte und dann zum Sprint auf das Spielfeld ansetzte. Überraschenderweise hatte er sogar Erfolg. Auf dem Geläuf zeigte er zweimal die typische "Cristiano Ronaldo Geste". Die Ordnungskräfte versuchten ihn dann einzufangen. Mit einem weiteren Sprint machte er sich auf den Weg zu Herthas Nr. 39 und umarmte diesen. Der hatte wiederum gar keine Lust auf Streicheleinheiten und stieß ihn weg. Die Ordner schnappten den Frechdachs und führten ihn ab. Hier versuchte er erneut einen auf CR7 zu machen. Folglich wurden die Ordner etwas gröber und beförderten ihn aus dem Innenraum. Immerhin etwas los. Das Spiel war dann auch irgendwann beendet. Der BFC zeigte eine ordentliche Leistung, sowohl auf dem Platz als auch auf der Tribüne. Hier ist auf jeden Fall Potential für Liga 3. Die Daumen sind gedrückt. Während wir mit musikalischer Untermalung von den Flippers das Stadion verließen, nahm ich Kontakt zum Manager auf. Mit ihm wollten wir noch das ein oder andere Bier trinken.




Der Manager war im Vorfeld nicht zum Besuch des Spiels zu bewegen. Folglich lotste er uns zu einer Kiezkneipe im Prenzlauer Berg. Die Kneipe "Höher's Eck" steht wohl kurz vor dem Aus und braucht Unterstützung. Da helfen wir natürlich liebend gerne. An der Pinte angekommen machten wir erstmal lange Gesichter. Heute hatten sie zu, morgen wären sie wieder da. Schön für euch, wir aber nicht. Schnell wurde eine andere Kaschemme ins Auge gefasst. Also um zwei weitere Ecken und ab in die "Kohlenquelle". Hier wartete der Manager schon ungeduldig auf uns. Schnell begrüßten wir uns und ich machte die beiden miteinander bekannt. Jetzt musste erstmal ein Bier her. Mr. Magicman outete sich, dass er seit gut 10 Jahren keinen Alkohol mehr getrunken habe. Dann lässt du es halt, selbst Schuld, dachte ich mir. Der Manager berichtete, das hier das Bier aus einem großen Tank gezapft werden würde. Öfter mal was neues. Es entstand ein netter Plausch über Gott und die Welt. Irgendwann musste sich die Kundschaft in die Kneipe zurückziehen, da es immer wieder Ärger mit den Anwohnern gäbe, wenn die Zecher noch spät auf der Gasse rumlungern würden. In der Wirtschaft steuerte ich direkt die Theke an und orderte Bier für uns Trinker sowie eine Apfelsaftschorle und ein Malbuch für meinen Gastgeber. Der Barkeeper sagte, der Tank sei aber leer und deutete auf ein Schild. Er habe aber noch welches vom Fass. Ich bestellte das Fassbier und machte ein Foto vom Schild. In diesem Moment raunzte er mich mit seiner Berliner Schnauze an: "Hast du mich gerade fotografiert??" "Ähh....nein, nur das Schild." antwortete ich überrascht. "Ist auch besser so..." erhielt ich als Antwort. Hier in Berlin ist man für klare Ansagen. Herrlich! Nachdem wir eine Weile im Inneren der Kneipe waren, verlagerten wir den Abend in eine andere Kaschemme. Wir gingen in den "Blaumilchkanal". Der Manager empfahl das Bier der Privatbrauerei "Rollberg" aus Neukölln. Ja, das war eine guter Tipp. Wir schwatzten noch eine Weile. Dann kam die Kellnerin und wollte die nächste Runde aufnehmen. Der Manager klingt sich aus, da er tags drauf in Sachen Familie unterwegs war. Ich orderte ein anderes Bier von "Rollberg". Mr. Magicman verlangte etwas Nichtalkoholisches. Das wiederum gefiel der jungen Dame allerdings gar nicht. "Warum trinkst du keinen Alkohol??" wurde er kritisch und energisch gefragt. Er stammelte irgendeinen Quatsch vor sich hin und fragte, ob sie ihm einen alkoholfreien Cocktail bringen könne. "Sie soll ihn gerne überraschen", fügte er noch an. Zack, schon war er im Flirtmodus. Ich bekam eine halbe Bier und er seinen Saft. Als ich ausgetrunken hatte und aufs Klo marschierte, machte er die Rechnung klar und quatschte die Bedienung noch voll. Irgendwann brachen wir dann auf und machten uns auf den Weg zur Bahn. Am Bahnhof Gesundbrunnen überkam uns ein Hüngerchen und es boten sich MC Donalds und ein Döner-Imbiss an. Hey, wenn wir schon in Berlin sind, dann ja wohl einen Döner. Letztendlich war es ein 0815-Döner der nur bei Besoffkis punkten kann. Danach setzten wir unsere Reise bis nach Spandau bei Berlin fort. Bei ihm angekommen haute ich mich auf die Couch und schlief schnell ein.



Am nächsten Morgen machten wir uns fix startklar und fuhren nochmal Richtung Stadion. Ich hatte gestern komischerweise vergessen Fotos zu machen. Also, den ganzen Weg wieder zurück in den Prenzlauer Berg. Am Stadion angekommen entdeckte ich ein offenes Tor. Wenn das mal keine Einladung ist. Mein direkter Weg führte auf die Tribüne. Den mir entgegenkommenden Arbeiter grüßte ich freundlich und er ging seines Weges. Offensichtlich fand hier am kommenden Sonntag irgendein American Football-Spiel statt und es wurden schon fleißig Banner ausgebreitet. Somit konnte ich mich in Ruhe umschauen und noch Eindrücke sammeln. Wer weiß ob ich nochmal in dieses schöne Stadion kommen werde?! Im Anschluss nahmen wir die Bahn in Richtung Hackescher Markt. Wir holten etwas zu trinken und danach trennten sich unsere Wege. Mr. Magicman musste noch arbeiten und ich wollte nochmal im "The Smart Dresser" vorbei schauen. Es war mir eine Ehre, bis zum nächsten Mal. Im "Smart Dresser" wollte ich eigentlich nur mal kurz schauen. Doch wie soll es anders sein, man quatscht sich fest und schwupps hat man doch etwas käuflich erworben. Bei gut 30°C kann man ruhig mal einen Regenschirm erwerben. Da ich noch Zeit hatte bis der Zug nach Hause fuhr, dachte ich, es wäre eine gute Idee noch mal im Brauhaus "Lemke" vorbei zu sehen. Der Gedanke erfreute mein Herz und strammen Schrittes machte ich mich auf den Weg. Dort angekommen holte mich schnell die Realität ein. Die machen erst um 15:00 Uhr auf. Mist! Etwas enttäuscht überlegte ich, wie ich die kommenden eineinhalb Stunden herum bekomme könne. Da fiel mir ein, heute findet doch 'Rave the Planet' statt. Somit steuerte ich die S-Bahn Richtung Friedrichstraße an und nahm die Nächste, die einfuhr. Auf dem Weg Richtung Brandenburger Tor, hier sollte es los gehen, sammelte sich schon das Publikum des Raves. Frei nach dem Motto "Weniger ist noch weniger" ging ich mit den Protagonisten gen Brandenburger Tor. Hier war gut was los. Aber auch hier wurde ich enttäuscht, denn vor dem Adlon-Hotel gab es eine Polizeiabsperrung. Kein Durchkommen zum Brandenburger Tor. Der Eingang zur Übernachtungsunterkunft für Gutbetuchte wurde frei gehalten, damit irgendwelche Trottelberger ungestört einchecken konnten. Da ich weder Zeit noch Lust auf einen Umweg hatte, machte ich mich zurück zum Bahnhof Friedrichstrasse, ohne ein 90er-Revival erlebt zu haben. Am Hauptbahnhof angekommen war ich durchgeschwitzt und war bereit nach Hause zu fahren. Fix Getränke geholt und ab zum Abfahrtgleis.






Im Zug kam das nächste böse Erwachen. Mein Wagon wurde just in dem Moment gesperrt, als ich meinen Platz einnahm. Die Klimaanlage im Wagon war ausgefallen. Selbstverständlich, denn alles andere wäre ja nicht Deutsche Bahn. Die Reservierung war hinfällig und ich durfte mir einen anderen Platz suchen. Blöd war, das ich in Wagen 3 meinen Platz hatte und nun in Richtung Wagen 2 gescheucht wurde. Da gab es nicht mehr viel Auswahl. Ich setzte mich in ein Abteil. Kurz drauf kam eine Oma dazu und war sichtlich aufgeregt. Sie wolle in Wagen 3 und der sei gesperrt. Deshalb sei sie von ihrer Gruppe getrennt. Sie rief über den Gang und versuchte Kontakt zu ihren Leuten aufzunehmen. Das wiederum nervte eine andere Frau im Abteil die dieses nun fluchtartig verließ. Nach einigen Minuten beruhigte sich die Situation und Großmutter nahm Platz. Glücklicherweise konnte nun die Fahrt starten und niemand hatte Interesse zu uns ins Abteil zu kommen. Irgendwann schlief die Seniorin ein und gab keinen Mucks mehr von sich. Die Fahrt blieb ereignislos, bis wir kurz vor Wolfsburg auf freier Strecke immer langsamer wurden und stehen blieben. Dann fuhr der Zug wieder an und blieb erneut stehen. Das ganze wiederholte sich nochmals. Dann ging gar nichts mehr. Dies lies die ältere Dame wach werden und sie fragte mich, was los sein. "Wir haben einen Platten." sagte ich und versuchte dabei ernst zu bleiben. "Was?" antwortete sie leicht genervt. Dann kam die Durchsage, dass wir technische Probleme hätten und der Lokführer nun einen Rollversuch starten würden. Sollte dies nicht funktionieren, dann könne der Zug nicht weiterfahren. Na super, dachte ich mir und starrte auf ein Graffiti des VFL Wolfsburg. Mir bleibt nichts erspart. Nach gut 25 Minuten rollte der Zug wieder an und nahm nur langsam wieder Fahrt auf. In Kassel stieg die Oma aus und ich wünschte ihr eine gute Weiterfahrt. Ein emotionsloses "Ja" entgegnete sie mir. Gut, kann nicht jeder Scherz klappen. Danach ereignete sich nichts mehr bis ich den Zielbahnhof erreichte. Zu Hause angekommen hatte ich dann doch noch einen kleinen Triumph, ich habe den Schirm nicht liegen lassen. Sind wir mal gespannt, wie lange diese Glückssträhne anhält. 


Fazit des Trips nach Berlin: 

Der Friedrich Ludwig Jahn Sportpark ist eines der schönsten Stadien der Republik! Und Union scheint wohl nichts zu taugen.