Sonntag, 15. Januar 2023

 Der FA Cup fällt ins Wasser....auf allen Ebenen


Millwall FC - Sheffield United 0-2 (0-2)

The Den, Zuschauer: 7.268, Auswärtsfahrer: ca. 800 (07. Jan. 2023)


Im FA Cup konnte ich schon einige kurzweilige Spiele mit dem Club südlich der Themse erleben. Nachdem die Auslosung The Blades aus Sheffield nach Bermondsey schickte, suchte ich direkt nach einem kostengünstigen Flug nach London. Immerhin trifft hier der Tabellenvierte auf den -zweiten. Die Airline des Vertrauens bot diesen auch an. Folglich wurde schnell gebucht. Man hat schließlich nichts zu verschenken. Als der Vorverkauf für die Member begann, erfolgte zügig die Ernüchterung. Es war mir nicht möglich für meine bevorzugte Tribüne eine Karte zu ergattern. In meiner Naivität dachte ich, wow, das ist aber fix ausverkauft. Nach kurzer Rücksprache mit der Londoner Brut, löste sich meine Freude in Luft auf. Weder Club noch Fans haben diese Saison Bock auf den Pokalwettbewerb. Deshalb bleibt, sowohl die Cold Blow Lane komplett geschlossen, als auch der Oberrang des Dockers Stand. Der Fokus liegt auf dem Erreichen der Play Off-Plätze. Na prima, fängt ja schon wieder gut an. Egal, es ist gebucht und es wird schon gut werden.


Wie so oft wurde an diesem Freitag die Arbeit wieder früher und fluchtartig verlassen. Umziehen, Tasche schnappen und ab zum Flughafen. Diesmal hatte ich mir wirklich einen guten Zeitpuffer eingeplant. Schnell wurde beim Bäcker Proviant eingekauft, denn die Nahrungsaufnahme in Großbritannien leidet ja oft sowohl an Quantität und vor allem an Qualität. Am Flughafen angekommen war ich etwas überrascht. Es war nichts, also gar nichts los. Den Sicherheitscheck hatte ich innerhalb von 15 Minuten hinter mich gebracht, völlig ohne Diskussionen oder Hindernissen. Schön. Statt zum Gate zu gehen, steuerte ich erstmal den Bierkiosk an. Immerhin hatten wir schon 14:00 Uhr und da sollte man schon mal ein Bier genossen haben. Gesagt, getan. Unweit des Gates nahm ich Platz und schaute mich um. Die Butze hier ist fast leer, an einem Freitag. Sage und schreibe 5 Minuten vor Boardingtime annulliert die Lufthansa meinen Flug. Boom! Hatte ich so auch noch nicht, also ab ans Gate. Da bekam ich den Hinweis, ich solle auf die Email antworten, die ich erhalten habe. Handy raus und das mal abchecken. Online konnte ich den Flug umbuchen. Ich fragte, weshalb der Flug so kurzfristig gestrichen wurde. Mit der Antwort "Keine Ahnung." hätte ich rechnen müssen. Ich holte mir meinen neuen Boarding-Pass und musste erneut durch die Sicherheitskontrolle. Gut, ich hab ja nun Zeit. Den ganzen Quatsch also nochmal. Diesmal durfte ich sogar zeigen, dass meine Flüssigkeiten nicht in Behältern über 100ml sind, dann die Schuhe ausziehen und mich befummeln lassen. Herzlichen Dank und Tschüss. Tja, was mache ich nun? Der neue Flug liegt noch drei Bierlängen entfernt. Folglich ging es zum Bierkiosk zurück, um die Wegelagerer von ihrem Bestand zu erleichtern. Drei 0,33l-Bier für 13,50 Euro sind in deren Augen ein faires Geschäft. Ist klar?! Der neue Flieger war dann irgendwann auch startklar und los ging es.

In London angekommen musste ich erstmal die Oyster-Card aufladen. Ich hielt einen Moment den Atem an, denn beim letzten Trip hier her verweigerten sich die Bankkarten ja gemeinschaftlich. Diesmal funktionierte alles. Das warf zwar wieder Fragen auf, aber letztendlich auch völlig egal. Ich machte mich auf den Weg in die City. Gegen 18:30 Uhr war ich mit Mr. Belvedere verabredet. Zwar wollte ich noch kurz auf die Carnaby Street, aber da die deutsche Premiumfluggesellschaft unbedingt reingrätschen musste, war keine Zeit mehr. Wir trafen uns im Pub "The Old Coffee House". Als ich ankam, machte ich fix ein Bild der Fassade. Durch das Fenster erspähte ich Mr. Belvedere. Er mich auch, denn er machte diverse Faxen um das Foto zu versauen. In seiner Begleitung war Big John. Nach der Begrüßung holte ich erstmal einen Schwung Pints. Die EC-Karte funzte auch im Pub. Ich war erleichtert, denn jetzt schien alles gut. Der Pub war in rot gehalten, hatte Teppich und Kamin. Hinzu kam gute Musik aus den Boxen. Beide fragten mich, warum ich zu so einem Spiel extra nach London komme? Mr. Belvedere erzählte mir, im Vorverkauf seien nur 1.200 Tickets für den Heimanhang und 800 für die Gäste abgesetzt worden. Das läuft ja mal wieder hervorragend. Wir unterhielten uns angeregt über den Pokal, den Fußball im Allgemeinen und noch viele andere Dinge. Nach einer Weile schaute ich auf meine Uhr. Irgendwie verging die Zeit gar nicht. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass mal wieder der ein oder andere Index abgefallen war. Leider so, dass der Sekundenzeiger blockiert war. Dieser fiel dann nach einiger Zeit auch noch ab. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Lambretta mag vielleicht ordentliche Roller bauen, von Uhren haben sie aber keine Ahnung. Etwas später zogen wir weiter und landeten im nächsten Pub mit dem Namen "The Coach and Horses". Richtig hipper Laden, somit nichts für uns. Eine Pintlänge später waren wir schon wieder auf dem Weg zum nächsten Pub. Diesmal sollte es "The George" sein. Schöne große Glasfront, die Theke in Mitten des Ladens. Hier gefällt es uns, hier nehmen wir noch paar Halbe zu uns. In Soho kann man es sich gut gehen lassen. Mr. Belvedere erwähnte nebenher, dass am Wochenende ein Bahnstreik sei. Ich war irritiert, denn im Oktober wurde doch auch gestreikt. Diesmal wäre es ein anderer Streik. Das wäre seit dem Brexit nichts ungewöhnliches. Er müsste mal checken wie wir zum einen heute nach Hause und zum anderen wir morgen ins Stadion kommen würden. Klang ja wieder vielversprechend. Der Abend neigte sich dem Ende. Wir nahmen einen Zug nach Abbey Wood. Hier wechselten wir zum Bus. An der Bushaltestelle warteten wir ein Weilchen. "In 5 Minuten kommt unser Bus", verlautbarte Mr. Belvedere. Als nach 10 Minuten immer noch keiner da war, hatte er die Hoffnung, dass in weiteren 8 Minuten einer kommen könnte. Das sind ja gute Aussichten. Tatsächlich kam dann auch ein Doppeldeckerbus. Wir stiegen ein und fuhren gut eine Viertelstunde zu seinem Domizil. Dort angekommen machte ich mich fix bettfertig. Schnell noch die Zähne geschrubbt und ab ins Bett. Gute Nacht!



Matchday! Selten hatte ich die Gelegenheit so lange bei einem UK-Trip zu schlafen. Fühlte sich gut an. Ich machte mich entspannt im Bad fertig und fragte danach Mr. Belvedere, wie der Plan für das Frühstück wäre. Wir könnten entweder in seiner Gegend was frühstücken oder in Stadionnähe. Ich entschied mich für die Gegend um das Stadion. Da die Bahnverbindung auf Grund des Streikes etwas unsicher erschien, entschieden wir uns nach Abbey Wood zu laufen. Er fragte mich, ob mich der Radau heute Nacht lange gestört hätte? Welcher Radau, fragte ich ihn. Er schaute mich ungläubig an. Na, die fast 50 getunten Autos, die eine Art "Fast & Furious"-Treffen gegenüber auf dem Parkplatz abgehalten hätten. Die Polizei sei doch gekommen. Ich fragte irritiert, wann das gewesen sein solle? Jetzt wurden seine Augen noch größer. Etwa 5 Minuten nach dem ich ins Bett sei. Dann zeigte er mir ein Video von seinem Handy. Wow! Ich schlafe wohl den Schlaf der Gerechten. Von dieser Aktion hatte ich absolut nichts mitbekommen. Nach einer halben Stunde erreichten wir den Bahnhof Abbey Wood. Wir nahmen die neue Elizabeth Line nach Whitechapel und von da aus eine Overground nach Surrey Quays. Dafür, dass hier ein Bahnstreik sein soll, fuhren meiner Meinung nach viele Züge. Von unserem Zielbahnhof marschierten wir zu Mel's Café um dort unser Frühstück einzunehmen. Das Café liegt direkt an der Station South Bermondsey. Eine richtig abgeranzte Bude mit typisch einheimischem Publikum. Hier spürt man noch was Bandit Country bedeutet. Selbstverständlich sollte es bei mir ein English Breakfast sein. Fast eine halbe Stunde mussten wir auf unsere Mahlzeit warten. Mit "fast" hatte es nun wirklich nichts zu tun. Geschmacklich haute es mich nicht vom Hocker, aber gut, wir sind in Großbritannien und sie haben sich ja redlich bemüht. Hätte schlimmer sein können. Nach dem Frühstück nahmen wir Kontakt zu Mr. Elephant & Castle auf. Die Idee, sich in "Arrys Bar" zu treffen, fand ich sehr angenehm. "Arrys Bar" ist eine Art Stadionwirtschaft, in die nur Dauerkarteninhaber und Besitzer einer Membership Zutritt haben. Nachdem ich den Pin-Verkäufer am Stadion um einige Schmuckstücke erleichtert hatte, betraten wir die Bar. Gemütlich ist anders. Es hatte nichts von einer Bar, eher etwas von einem der landestypischen Social Clubs. Hier standen einige Tische mit Stühlen, 4 Fernseher waren an die Wand gekloppt und dazwischen hingen Bilder der Vereinsgeschichte. Dazu gab es eine Bar und volle Beleuchtung aus einer Vielzahl Neonröhren. Dem Innenarchitekten sollte man auch einen Berufswechsel nahe legen. Wir nahmen unsere ersten beiden Pints ein. Ich fragte Mr. Belvedere, ob er hier schon mal gewesen sei. Schließlich würden wir hier nie her gehen. Natürlich, bekam ich als Antwort. Seine Eltern hätten hier ihren 25. Hochzeitstag gefeiert. Ich ließ meinen Blick nochmal durch diesen Raum schweifen. Spätestens jetzt verstand ich die Redewendung "Liebe macht blind". Draußen bemerkten wir, dass sich der Himmel langsam zu zog und es immer düsterer wurde. Wir tranken aus und liefen zu unserer Tribüne. 


Um das Stadion herum war heute deutlich weniger los als sonst. Enttäuschung meinerseits machte sich breit. An unseren Plätzen angekommen setzte nun auch der Regen ein. Erst regnete es, dann schüttete es, dann war wieder nichts und dann ging es von vorne los. Zum Glück hatten wir ein Dach. Zum Spiel gab es nicht viel zu sagen. Es war ein Grottenkick, in dem Millwall es in der ersten Hälfte doch glatt zu einem Torschuss schaffte, in Minute 42. Sheffield gab sich da etwas mehr Mühe und stolperte in den ersten 30 Minuten 2 Tore hinein. Die beiden Torschützen hatten nichts besseres zu tun, als diese vor den Millwall Fans zu feiern. Prompt bekamen die beiden Rotznasen nicht nur die passenden Worte, sondern auch sämtliche Tascheninhalte frei Haus geliefert. Das wiederum gefiel denen nicht und sie beschwerten sich beim Unparteiischen. Diesen ließ das unbeeindruckt und sagte ihnen, sie sollen die Fresse halten. Es kann natürlich auch sein, dass ich das nicht ganz richtig verstanden habe und nur hinein interpretiere. Endlich Halbzeit. Ich suchte das stille Örtchen auf. Immerhin erinnerte hier alles an ein normales Millwallspiel. Hier traf man sich nicht nur zum pinkeln, sondern sorgte auch dafür, dass ordentlich inhaliert wurde. In Halbzeit 2 strengte sich Millwall etwas mehr an. Immerhin sorgten sie dafür, dass auch Sheffield nicht mehr all zu oft aufs Tor schoss. Damit uns nicht langweilig wurde, dachte sich der Wind, er könne sich im zweiten Durchgang der Partie mal eben um 180° drehen. Jetzt regnete es schön in unsere Richtung. Es dauerte nicht lange und wir waren pudelnass. Ich wollte wieder besonders schlau sein und legte mir meinen Bootsrucksack auf die Beine. Wer will schon eine nasse Jeans haben? Blöd war jetzt, dass sich das Wasser auf selbigen sammelte und mir komplett in den Schritt lief. Jeans nass und und die Unnerbüx gleich mit. Aus purem Trotz weigerte ich mich, mich weiter nach hinten zu setzen. Gleichzeitig musste ich mir Beschimpfungen meiner Begleiter anhören. Sie waren wohl nicht zufrieden mit meiner Platzwahl. Meine Hände waren dann irgendwann blau, kein Wunder bei 8°. Einzig erheiternd war, dass Voglsammer einen privaten Fanclub in diesem Pokalspiel hatte. Ein paar deutsche Schlachtenbummler waren anwesend und bejubelten alles was er machte. Viel Gescheites war es nicht, was denen wiederum egal war. Endlich hatte der Schiedsrichter ein Einsehen und pfiff den Rotz ab. Nass und kalt verzogen wir uns in Richtung U-Bahn-Station Surrey Quays um von da aus nach London Bridge zu fahren. 


Glücklicherweise gingen wir diesmal nicht in die üblichen Lokalitäten. Wir gingen ein Stück weiter und besuchten einen schönen und gemütlichen Pub namens "The Kings Arms". Erst standen wir an der Theke und als eine gemütliche Couch frei wurde, pflanzten wir uns dort nieder. Etwas später kam auch Big John dazu. Offensichtlich hatte es aufgehört zu regnen und er machte sich lustig über uns, wie wir versuchten unsere Jacken zu trocknen. Wir leerten noch einige Pints und planten unseren nächsten Awaytrip. Diesmal probierte ich mich am Lagerbier, aber es machte mich nicht glücklich. Somit wendete ich mich wieder dem Ale zu. 'Mad Goose' fand ich einen feinen Namen und so freundeten wir uns an. Als Dank hierfür erhielt ich ein hübsches Pintglas. Zumindest hatte ich es so in Erinnerung oder wie sollte es sonst in meinem Rucksack gelandet sein? Mr. Elephant & Castle verabschiedete sich dann von uns. Mit etwas Schlagseite verließ er den Pub. Uns ging es nicht anders und ein Pint später machte ich mich ebenfalls vom Acker in Richtung Flughafen. Bevor ich die U-Bahn nahm, suchte ich noch einmal einen Tesco Express auf und holte mir etwas zu trinken und eine abgepackte Pasta. Jetzt hieß es gut 50 Minuten Richtung Heathrow zu eiern. Der Flieger zurück in die Heimat startet um 6:30 Uhr. Da ich bislang nichts anderes vernommen hatte, fand der Flug wohl wie geplant statt. An der Station Boston Manor, also kurz vor dem Flughafen, musste ich fluchtartig die Bahn verlassen. Ich überquerte den Bahnsteig, um auf der anderen Seite auf die Gleise zu strullen. 5 Sekunden später hätte es sonst meine Blase gesprengt. Gehen wir an dieser Stelle mal davon aus, dass auf der anderen Seite keine Passanten standen, die mich beobachteten. Erleichtert nahm ich die nächste Tube und fuhr weiter zum Flughafen. Mir ist ja mittlerweile bewusst, dass man sich im Costa Café nicht mehr auf die Stühle legen kann, aber zumindest sitzen und den Kopf auf den Tisch legen. Das war mein Plan. In der Abflughalle angekommen traute ich meinen Augen nicht. Haben die Trottel den Gästebereich abgesperrt. Ich fragte, ab wann man denn sich dort hinsetzen könne? Ab 6:00 Uhr. Ich schaute auf meine Uhr....ahh...da war ja was. Ich schaute auf dem Handy nach. Super, ist ja schon 1:35 Uhr. Ich fragte, ob ich eine Gabel haben könne um meine Pasta zu essen. Nö, könne ich nicht, aber wenn ich etwas kaufen würde, dann könne er mir eine geben. Arschloch! Ich nahm ein Toast mit Käse und Schinken. 3,80 Pfund durfte ich dafür berappen. Und ich dachte, die 6,80 Pfund für das Ale wären teuer gewesen. Ich aß mein Gourmet-Mahl und legte mich  wie ein Penner auf dem Boden ab, Kopf auf dem Rucksack und mit dem klammen Parka zugedeckt. Nachdem mich der Heini mit seinem Reinigungsfahrzeug fast zweimal gerammt hatte, schlief ich kurzzeitig ein. Gegen 5:00 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Sicherheitscheck. Der ging zügig vorüber. Jetzt hieß es warten bis das Gate angezeigt wird. Nachdem das endlich passierte, erwarb ich noch eine Pepsi Maxx Cherry und machte mich auf zum Gewaltmarsch zum Gate A37. Treppe runter, ewig gerade aus, Rolltreppe nach oben und den halben Weg wieder zurück. Nun folgte das Warten auf das Boarding und dann ab nach Hause. Der Flug war unauffällig und so döste ich mit dem Kopf am Fenster vor mich hin. Nach der Landung konnte ich ziemlich flott alles hinter mich bringen. Sogar der ÖPNV stellte sich nicht quer und so war ich gegen 10:15 Uhr zu Hause auf der Couch.

Hat sich der Trip gelohnt? Flug annulliert, Uhr verreckt, Kackspiel gesehen, verdient verloren, pitschenass geworden, die Nacht durchgemacht und hundemüde zu Hause angekommen und dazu noch verrotzt.... Jeder normale Mensch würde sagen, auf keinen Fall!

Mr. Belvedere, Mr Elephant & Castle und Big John....wir sehen uns nächste Woche. Cardiff away is calling!