Sonntag, 22. Mai 2022

 Sarà perché ti amo.......Ciao Milano


AC Mailand - Atalanta Bergamo 2:0 (0:0)

Stadio Guiseppe Meazza , Zuschauer: 73.304, Auswärtsfahrer: ca. 1.500 (17.Mai 2023)





Wie das Schicksal manchmal so will, bot sich die Gelegenheit im Mai in die Lombardei zu düsen. Wenn man schon mal da ist, dann kann man auch mal nach schauen welcher der Mailänder Clubs ein Heimspiel hat. Glücklicherweise spielte der mir sympathischerer Club zu Hause. Allerdings war es das letzte Heimspiel der Saison. Der Erwerb des Tickets könnte schwierig werden, schätzte ich die Situation ein. Vorsorglich checkte ich diverse Internetplattformen ab, und es schien, es wird ein teurer Fußballbesuch. Ähnlich wie das letzte mal bei Lazio Rom. Um die 100;- Euro könnten es werden. Na prima. Die Homepage des Clubs gab leider keine genauen Angaben her. Ich wartete dann aber doch bis der General Sale online freigeschaltet wurde. Als dies 3 Wochen vor Spielbeginn soweit war, loggte ich mich ein und bemerkte, nur noch einzelne Restkarten waren zu ergattern. Es gab nur eine Möglichkeit im ganzen Stadion zwei Plätze nebeneinander zu erwerben. Diese waren aber, laut Stadionplan, unweit der Curva Sud des AC Milan. Nun ja, ich zögerte nicht lange und packte die Tickets in den Warenkorb und kaufte sie schließlich. Die Tickets kosteten jeweils 12,- Euro und sollten in der Ecke der Curva Sud zur Gegentribüne sein, im Mittelrang. Klingt doch fein, wohlgleich es ja immer heikel ist, wenn man als doofer Touri in der Heimkurve rumturnt. Das ich die Tickets direkt ausdrucken sollte und keine Bestätigungsmail erhielt, machte mich doch stutzig. Egal...jetzt war es zu spät.



Donnerstags reisten wir unproblematisch nach Bella Italia und machten bis Samstag das typische Touriprogramm wie Mailänder Dom, Galleria Vitorio Emanuale II, die Scala und durchstöberten sämtliche Gassen dieser Modestadt und schauten uns diverse Stores der Modelabel an. Abends stand stets leckeres Essen, genügend Aperol Spritz und natürlich Bier auf dem Unterhaltungsprogramm. Ehrlich gesagt punktet Mailand unter dem Strich nicht als schöne Stadt. Die Touristenmagnete sind herrlich und mitunter beeindruckend wie der Dom und seine Dachterrasse. Aber wenn man alles einmal gesehen hat, braucht es kein zweites Mal sein. Verona, Venedig oder Rom punkten da deutlich mehr. Nichtsdestotrotz kann man sehr gut die Seele baumeln lassen und den Lieben Gott einen guten Mann sein, so lange genügend Spritz kredenzt wird. Wer es mag wird auch genügend Kaffeebuden finden und kann sich da vom Barista seines Vertrauens verwöhnen lassen. Lebensqualität kann der Italiener an sich. Die Abende wurden dann immer im Stadtteil Navigli verbracht. Hier finden sich nicht nur sehr viele und gute Restaurants, nein, auch unsere Unterkunft war in der Nähe. Das Ausgehviertel macht schon Laune und es wirkte, das überwiegend Italiener dort verkehren. Zu empfehlen ist besonders die Strandbar "Sugar". Nicht das hier ein Strand wäre, aber die viele Servicekräfte veranstalten dort ein solches Chaos, dass man hier durchaus mal kostenneutral einen Snackteller bestellen kann und zum Abschied noch gewunken bekommt. Bierglasfreunde werden hier auch schnell und problemlos fündig, zu empfehlen wäre das Tennent's Super. Das ist aber eine andere Geschichte.



Sonntag war endlich Matchday. Dementsprechend veränderten sich auch die Spots an denen man sich heute herumtreiben würde. Nachdem am Vorabend doch etwas länger ins Glas geschaut wurde, war Frühstück der erste Programmpunkt des Tages. Jeder der schon mal in Italien war, der weiß, mit Frühstück hat es der Italiener nicht so. Da es aber schon Mittagszeit war, erschwerte dies das Unterfangen. Wir kehrten in der Nähe von Porta Genova in ein Café ein. Wir nahmen Platz und erhofften uns ein Frühstück. Diese Hoffnung nahm uns der Servierclown gleich wieder. Hier gäbe es eine Art Brunch, der sich aber als reines Mittagsessen herausstellte. Nein Danke, mit mir heute nicht. Kurze Diskussion untereinander und schon waren wir wieder auf der Straße und suchten uns etwas anderes. Nach gut 15 Minuten fanden wir am Kanal ein Panino Giusto. Hier konnte man glücklicherweise drinnen sitzen, da die Sonne brannte. Mir war auch nicht nach Sonne. Eigentlich mag ich solche Ketten nicht, aber aus Mangel an Alternativen war ich einverstanden. Zu meiner Überraschung konnte man hier sehr leckere Paninis essen. Sehr knusprig, sehr frisch. Perfekt für diesen Tag. Nach dem wir uns gesättigt hatten machten wir uns auf den Weg zum Hauptbahnhof. Die Jüngeren werden eventuell nicht verstehen, weshalb man sich die Mühe macht extra dort hinzufahren. Die Älteren hingen werden sofort an die WM 90 in Italien denken. Hier spielte dieser Bahnhof durchaus eine wichtige Rolle. Gleiches gilt für den Domplatz. Wie viele Torsions hier wohl die Treppen herunter kamen? Wie oft man hier quer über den Vorplatz von rechts nach links und umgekehrt rannte um sich dann Richtung Dom zu begeben? Ach...diese Nostalgie. Nachdem diese Tagträumereien erledigt waren machten wir uns auf den Weg Richtung San Siro. Damit die Kultur am heutigen Tag nicht zu kurz kommen sollte, wurde ein Zwischenstopp am Monumentale eingelegt. Dieser Friedhof ist nicht nur sehr beeindruckend und schön, nein er spendete auch viel Schatten. Die Gruften und Mausoleen kühlten uns gut ab. Wir hatten gefühlt über 30°. Eindeutig zu viel für mich. Nach gut 40 Minuten Aufenthalt machten wir uns auf den Weg zur Metro und folglich zum Stadion. 




Am ehrwürdigen Giuseppe Meazza Stadion war schon eine Menge los. Auch hier hinterließen deutsche Schlachtenbummler schon des Öfteren ihre Fußabdrücke. Dabei ist nicht nur die WM 90 in Erinnerung, nein, auch Triumpfe auf Vereinsebene der Kohlefüssler aus dem Pott, als auch der Lederhosen aus der Weltstadt mit Herz, fallen einem zu diesem Stadion ein. Als wir die Treppenaufgänge der U-Bahn hinaufstiegen, hallten uns schon lautstarke Gesänge der Tifosi entgegen. Wir zwängten uns durch die Drehkreuze und wollten Richtung Stadion. Aber so einfach sollte es nicht sein, denn jetzt galt es noch den Sperrriegel von fliegenden Händlern aus Schwarzafrika zu durchbrechen. Diese lungerten direkt am Ausgang herum und versuchten ihre kleinen Bändchen an den Mann zu bringen. Will man diese nicht, so versuchen diese Gauner sie irgendwie an einem zu befestigen. So versuchen sie ein Paar Kröten zu machen, denn man habe sie ja angenommen. Sowas kann ich gar nicht leiden und lässt bei mir sehr schnell die Stimmung umschlagen. Fix wurde verbal in die unteren Schubladen gegriffen. Es war offensichtlich schnell klar, dass wir hier nicht "Friends" sind und "Luck" nicht gewünscht ist. "Where you from" war urplötzlich auch unwichtig. Schnell noch die eigenen Hosentaschen abgetastet und ab zum Fußballtempel. Uns dürstete und auf dem Vorplatz waren einige Jahrmarktbuden aufgebaut. Dies kam mir aus Rom bekannt vor, sowohl vom Gallagher- Konzert als auch von Lazio. Die Buden waren entweder mit Fanartikeln oder mit Fressalien und Bierbar bestückt. Sehr gut. Wir steuerten nicht die erst beste Bude an, sondern eine etwas weiter hinten gelegene. Bier wäre jetzt ganz gut. Nachdem der Italiener schon seit Donnerstag versuchte uns mit Birra Moretti, Peroni oder San Gabriel zu vergiften, setzte er hier noch einen drauf. Es gab ausnahmslos alkoholfreies Bier. Da hilft es auch nicht, dass es von Heineken ist. Ich zwängte mir eines rein, hatte aber ein schlechtes Gewissen. Mir fiel da ein Spruch ein, den die Maschine vor Jahren mal in einer richtigen Bierlaune von sich gab. "Alkoholfreies Bier trinken ist wie seine Schwester lecken. Schmeckt richtig, ist aber falsch!" Glücklicherweise bin ich Einzelkind und lasse das jetzt mal so stehen. Noch schnell Bilder machen und dann ab zum Eingang. Mal sehen ob das mit diesen günstigen Tickets klappen wird. Mit etwas Schubsen ,Drücken und Ellenbogeneinsatz zwängten wir uns mit der Masse durch die Drehkreuze. Die Tickets funktionierten problemlos. Vor mir wurde ein T-Shirtloser Tifosi an den Ohren von der Security direkt wieder nach draußen gezogen. Das Ganze wurde lautstark von beiden Protagonisten untermalt. In diesem Moment bereute ich wirklich kein italienisch zu verstehen. Fix fanden wir unser Gate und dann erklommen wir die Stufen nach oben. Zwischenzeitlich fühlte es sich an, als ob ich gerade eine Bergziege passiert hätte. Der Aufstieg nahm kein Ende. Irgendwann erreichten wir unsere Ebene. Hier sammelten die Ultras Geld für die Choreo und es gab einen T-Shirt-Verkauf. Man merkte direkt, hier weht ein anderer Wind, ein ziemlich rauer. Das Meazza Stadion katapultiert einen zurück in die 80er und 90er Jahre. Wenig bis keinen Komfort, dafür sehr viel Tradition. Um nicht wie blöde Touris herumzustehen verzogen wir uns auf unsere Sitzplätze. Unglücklicherweise steuerten wir von der falschen Seite unsere Reihe an. Somit scheuchten wir sämtliche Zuschauer auf und zwängten uns an ihnen vorbei. Geschickt ist anders. Der komplette Rang war über eine Stunde vor Spielbeginn schon gerammelt voll. Wow. Wir kämpften uns zu unseren Plätzen durch. Pech gehabt Keule, nix mit im Eck sitzen. Direkt in der Curva Sud, allerdings nicht zentral. Jetzt bekam ich doch ein mulmiges Gefühl. Ob das hier gut geht? 




Milan konnte heute Meister werden. Dazu war ein Sieg gegen Bergamo notwendig und gleichzeitig eine Niederlage des Lokalrivalen am Abend in Cagliari. Das versprach viel. Wir versuchten so unauffällig wie möglich zu sein, was natürlich hervorragend klappt, wenn man immer wieder Fotos macht und mit keinem labert. Unweit von uns geriet eine Gruppe gestandener Männer in Streit. Dann flogen die Fäuste vom feinsten. Da kloppten sich gut ein Dutzend Fans, alles motivierte Anhänger ihres Clubs, keiner unter 40 Jahre. Hier wehte der Wind nun noch rauer. 45 Minuten vor dem Spiel sangen sich die Anhänger von Milan schon ein. Zu meiner linken bemerkte ich zwei Youngster, die sich offensichtlich über mich unterhielten. Anscheinend ging es um meine Jacke die auf dem Sitz lag. Ich schätzte es ging darum, dass einer von beiden auf meinen Platz wollte, dort aber die Jacke lag und beide der Meinung waren, ich wäre doch sonst auch nicht da. Die Stimmung war hervorragend und kurz vor Spielbeginn starteten die Milanesi eine Choreo über alle 4 Tribünen. Das Stadion sah bis auf wenige einzelne Plätze ausverkauft aus. Der Gästeblock war mit geschätzten 1.500 bis 1.800 Auswärtsfahrern gut gefühlt. Gut ein Drittel glänzte mit freiem Oberkörper. Akustisch konnte man sie nicht hören, da die Curva Sud brachial laut war. Immerhin ging es ja um etwas. Die erste Halbzeit war ausgeglichen und es entstanden so gut wie keine gefährlichen Torsituationen. Mit 0:0 ging es in die Halbzeit. Auch während der Pause blieben wir auf unseren Sitzplätzen stehen. An ein Rauskommen war nicht zu denken. In Halbzeit zwei erhöhte Milan den Druck und ging dann nach 56 Minuten in Führung. Jetzt entlud sich ein akustischer Orkan. Bämm! Der komplette Mittelrang expoldierte und tobte. Menschen flogen quer durch den Block. Komplettes Chaos. Herrlich! Nachdem sich die Situation etwas beruhigte fingen sie noch lauter an zu singen. Ich versuchte weiterhin nicht aufzufallen. Ich sang die Lieder und klatschte natürlich mit. Hat jemand schon mal ein Kind gesehen, das kein englisch kann und ein englisches Lied singt? Genau so hab ich es gemacht. Dazu klatschte ich nicht im Takt, sondern immer mit kleiner zeitlichen Verzögerung. Wie der aller letzte Idiot!! Zum Glück habe ich mich nicht selber gesehen. Meine Begleitung hatte aber sichtlich Freude daran. Dann fiel das 2:0 durch einen unglaublichen Sololauf des Außenverteidigers. Bämm...die zweite! Die Milanfans waren nicht mehr zu halten. Extase pur. Die können heute Meister werden. Milan schaukelte das Spiel nach Hause und nutzte die Zeit bis weit nach Abpfiff um den Lokalrivalen durch verschiedene Lieder zu diskreditieren. Inter merda! Inter vaffanculo!! Der Bergamo Trainer Gasperini bekam auch sein Fett weg. Bestimmt berechtigt! Während des gesamten Spiels durchzog unseren Block der Duft von diversen Joints. Es fehlte nicht viel und ich hätte das Gefühl gehabt zu schweben. Nach dem Spiel blieben wir noch gut 20 Minuten im Block und verabschiedeten die Mannschaft. Mal sehen was Inter heute noch dazu beitragen würde. Irgendwann konnten wir den Block verlassen, schnell austreten und dann mal schauen wie wir nach Hause kommen. 




Nach dem Spiel nahmen wir die Straßenbahn in Richtung Dom. Diese war selbstverständlich gerammelt voll und während der gesamten Fahrt feierte man seinen eigenen Verein und sang schmutzige Lieder über Inter Mailand. Genauso gefällt mir das. Am Dom angekommen, noch fix ein Bild vom Dom bei Nacht und dann ab zurück nach Navigli und noch schnell etwas essen. Für mich gab es erst Panzerotti zum Start und dann eine sehr leckere Lasagne. Endlich fand ich mal ein richtig leckeres Bier, Peroni Doppio Malto. Na geht doch. Leider gewann auch der Lokalrivale des AC sein Spiel. Somit gab es heute keine Meisterfeier mehr. Sehr schade. Müde und durchgeschwitzt machten wir uns zurück ins Hotel und packten unsere Sachen. Schnell noch duschen und dann schlafen. Montags machten wir uns entspannt auf den Weg zum Flughafen Malpensa. Dass das ohne Komplikationen abgehen sollte, hätte ich den Italienern gar nicht zu getraut. Sogar der Transferbus machte keine Mucken. Am Flughafen angekommen fix den Koffer aufgeben und dann erstmal Mittagessen. Zur Abwechslung gab es mal eine Pizza und ein Bresaola Panini. Dazu ein Ichnusa, das mit Abstand beste Bier aus Italien bzw. Sardinien. Aha, der Flug verschiebt sich nach hinten. Wen wundert es? Insgesamt verzögerte sich unser Flug um eine dreiviertel Stunde. Die Schuldigen waren allerdings an unserem Zielflughafen. Dort gab es wohl einen Blitz und Regen und schon brach komplettes Chaos aus. Mich wundert da überhaupt nichts mehr. Zu Hause angekommen, mit zweistündiger Verspätung, war das Grinsen immer noch da, San Siro hat richtig Laune gemacht. Mailand braucht man sich nicht zweimal ansehen, aber zum Fußball würde ich da definitiv nochmal hin. Das Stadion ist einfach ein Cracker!

Fazit: Sarà perché ti amo......mal sehen wo es demnächst hingeht?!

Arrivederci ragazzi!