Sonntag, 23. Oktober 2022


Swinging London....im Doppelpack!

Millwall FC - Middlesbrough FC 2:0 (1:0)

The Den, Zuschauer: 15.638, Auswärtsfahrer: ~900  (08. Okt. 2022)

Wet Spam Talibans - Fulham FC 3:1 (1:1)

London Stadium, Zuschauer: 62.454, Auswärtsfahrer: ~ 1.800 (09. Okt. 2022)


Es war mal wieder an der Zeit ein Heimspiel des Herzensvereins zu besuchen. Nach langem Hin und Her fiel die Wahl auf ein Spiel gegen Middlesbrough. Das bot sich an, da der Autor zu diesem Zeitpunkt ohnehin Urlaub hat und am Sonntag noch ein zweites Spiel besucht werden könnte. Ursprünglich sollte das zweite Spiel Crystal Palace - Leeds United werden, aber wenn man intellektuell der Homepage des Heimteams unterlegen ist, dann wird das halt nix. Somit die zweite Wahl auf den verhassten Erzrivalen von Millwall. In deren neuem Stadion war ich noch nicht und vielleicht bekommen sie ja auf den Sack. Lassen wir uns mal überraschen.

Diesmal konnte die Reise ohne jeden Zeitdruck angegangen werden. Das kommt leider nicht so häufig vor. Bevor es zum Flughafen ging, noch schnell zum Barbier des Vertrauens. Die Haare wurden wieder akkurat  rasiert und gescheitelt, einen "German Haircut" wie Mr. Belvedere immer zu sagen pflegt. Bevor es dann zum Flughafen ging noch schnell die Wetter-App für London gecheckt, sehr gut, es sollte keinen Regen geben. Somit blieb die Jacke mit Kapuze zu Hause und ein Overshirt wurde mit in die Tasche gepackt. Der Weg zum Flughafen verlief ereignislos, selbst beim Einchecken sollte es keine Probleme geben. Das sah dann bei der Sicherheitskontrolle schon wieder anders aus. Hier spielte sich der zurecht unterbezahlte Security-Heini richtig auf. Weil offensichtlich zu wenig zu tun war, musste mein Beutel mit den Flüssigkeiten wohl besonders gründlich unter die Lupe genommen werden. Irgendwas schien ihm an meiner Pomade-Dose nicht zu gefallen. Er drehte und drehte den Beutel. Dann wollte er wissen, welche Füllgröße sie hatte. Keine Ahnung, erwiderte ich ihm. Ich wollte sie heraus holen. Offensichtlich war dies nicht erlaubt. Ich solle den Beutel nicht öffnen. Als er einen Schritt zurück machte, nahm ich den Beutel und holte die Dose heraus. Fehler! Jetzt muckte er herum, sie sei zu groß und könne nicht mit. Ach, die Zahncreme müsse auch gleich dableiben. Er gab sie mir in die Hand und wollte, dass ich beides entsorge. Jetzt wurde ich wirklich ärgerlich. Wenn er sie für nicht fluggeeignet hält, dann soll er sie doch selbst wegwerfen. Ich ließ ihn stehen und ging durch die Sicherheitsschleuse. Ob Worte wie "Clown" und "labere mich nicht voll" wirklich gefallen sind, das müssten die umstehenden Passanten gefragt werden. Schnell die Sachen wieder packen und ab zum Gate. Da genügend Zeit war, bin ich nochmal an den Verpflegungsstand und habe ein Bier, ein Helles, geordert. Das dies dann in ein Weizenbierglas gezapft wurde, will ich der jungen Dame nicht ankreiden. Immer noch besser als es in einem Plastikbecher zu bekommen. Im Flugzeug machte ich sofort die Augen zu und verschlief sogar den Start.


 In London angekommen, noch die Oystercard aufgeladen, und ab in die City. Der Besuch im Barbour-Store in der Regent Street fiel sehr kurz aus, denn es gab keine Schnapper zu ergattern. Somit machte ich mich auf den Weg nach Holborn, um Mr. Belvedere zu treffen. Dort angekommen erwartete mich typisch britisches Wetter. It was raining cats and dogs! Herzlichen Glückwunsch. Die App sagt noch immer 6% Regenwahrscheinlichkeit. Fix musste ich noch eine Zahncreme und Paste für die Haare holen. Der Pub in dem ich verabredet war, war zu weit weg, um ohne Jacke durch den Regen zu stapfen. Folglich hüpfte ich in den Pub ums Eck, "The Ship". Nach 2 Pints Ale für je knapp 7 Pfund traf ich mich mit Mr. Belvedere. Er war mit ehemaligen Arbeitskollegen unterwegs. Der Sparfuchs war mit ihnen in einen Wetherspoons Pub gegangen. Hier kosteten das Ale und das Lager nur die Hälfte. Nach einer Runde verabschiedeten wir uns und machten eine kleine Pubtour in Richtung U-Bahn-Station Channing Street. Wir besuchten drei weitere Pubs und nahmen dann den Zug zu ihm nach Hause. Auf dem Nachhauseweg erzählte er mir, in London sei am Samstag Bahnstreik und nicht alle Züge würden fahren. Desweiteren würden wir morgen Mittag zum Pie & Mash-Essen gehen. Na prima, zwei Hiobsbotschaften innerhalb eines Satzes. In seinem Domizil machte ich mich schnell bettfertig. Die neu erworbene Zahncreme schmeckte nach Klostein. Da wundert es niemanden, dass die Engländer nicht die besten Beißerchen haben. Guts Nächtle!
Es war Matchday! Voller Vorfreude machten wir uns fertig und verließen am Vormittag das Haus. Die Haarpaste war ähnlicher Schrott wie die Zahncreme, vergleichbar mit altem Fensterkitt. Dann lauf ich halt wie ein Trottel herum, nicht mehr zu ändern. Am Bahnsteig in Mr. Belveders Wohnviertel stellten wir überrascht fest, dass doch ein Zug nach London Bridge fahren würde. Sehr gut, so erreichten wir schneller unseren Zielort. Als wir ankamen liefen wir gut 15 Minuten zum "The George" Pub, in dem wir verabredet waren. Hier trafen wir wieder eine frühere Arbeitskollegin von ihm sowie ihren Freund. Zwei wirklich reizende Personen, aber es wurden sämtliche Klischees erfüllt. Sie ein Gingerhead in Übergröße und er ein schmächtiger Tommy mit kurzen Hosen und fahlem Hautkolorit. Wir nahmen ein Pint und gingen dann zu "Manze's Pie & Mash". In dem Laden gibt es nur dieses eine Gericht. Es ist eine Pastete mit angeblicher Fleischfüllung. Dazu gibt es Kartoffelbrei und eine Kräutersoße namens Liquor. Schneidet man in die Pastete, so kommen eine klare Flüssigkeit und ein brauner Glibber heraus. Die Soße glänzt durch Geschmacksneutralität. Wem gar nichts mehr heilig ist, der isst noch "Jelled Eels". Das ist in Gele eingelegter Aal mit Knochen. Der Südlondoner liebt es. Ich lehnte sowohl den Aal als auch den Liquor sowie eine zweite Pastete ab. Die Beschimpfungen der Engländer nahm ich dafür tapfer entgegen. Nach dem Mahl zurück in den Pub und schnell den Mund mit Ale ausspülen. Das klappte soweit gut. Mein Highlight war, als die Barkeeperin bemerkte, dass das Celtic Glasgow-Spiel begann, schaltete sie sofort auf irgendein Pferderennen. Hier werden noch die richtigen Prioritäten gesetzt. Zossen vor Celtic. Sehr gut!







Wir machten uns nach zwei weiteren Runden ab zum Spiel. Sicherheitshalber nahmen wir den Bus. Im Stadion angekommen trafen wir Mr. PK sowie Mr. Elephant & Castle. Ich war voller Vorfreude. Meine englischen Freunde hingegen nicht. Im Stadion wimmelte es vor Touristen und American Football-Fans. Keine Ahnung was die alle hier wollten. Zumindest sorgte es dafür, dass keine Stimmung aufkam. Millwall bestimmte das Spiel von Minute 1 an. Es war ein nie gefährdeter 2:0 Heimsieg. Zian Flemming netzte zweimal. Die Gäste aus dem Norden waren gut vertreten, feuerten ihr unterlegenes Team aber auch nicht wirklich an. Mir gefiel es endlich mal wieder hier zu sein, auch wenn es nur bei den beiden Toren laut wurde. Erstaunlich war, dass etliche Leute grün trugen. Ein Millwall-Lad rief einem Grünen zu: "What Packer you are?" Aus dem Off  kam die Antwort "Vegetables Packer!" Sehr schön, immer gut, wenn die Richtigen verarscht werden. Offensichtlich fand am darauffolgenden Tag ein NFL-Spiel mit den Packers satt. Juckt halt keinen. Dass American Football für mich Rugby mit bunten Leggins und Helm ist, das sei nur am Rande erwähnt. Nach dem Spiel passierten wir eine Wurstbude mit German Sausage und Currywurst. Schön, dass man sich hier bemüht ordentliches Essen an den Mann zu bringen. Wir liefen zu Canada Water, um von dort die Tube zu London Bridge zu nehmen. Gegenüber des Borough Markets befindet sich der Pub "Market Porter". Hier trinken wir nach den Spielen ganz gerne ein paar Pints. Ich bemerkte, ich habe keine EC-Karte dabei. Mist! Meine Kreditkarte war nicht lesbar. Das ist jetzt aber gar nicht mal so gut, denn mein Bargeld wollten die wiederum nicht. Blöde Situation. Mr. Belevedere kümmerte sich um die Rechnung, guter Mann. Lustigerweise verirrte sich auch noch eine deutsche Hopperline in diese Gegend. Die Welt ist klein. Als Big John auch endlich eintraf, verlagerten wir den Abend ins "The Sheaf". Mir ist immer noch ein Rätsel, warum es die Jungs stets in diese ungemütliche Kaschemme zieht. Immerhin mochte man hier mein Bargeld. Ginger und ihr kleiner Freund waren immer noch dabei. Erstaunlich, denn die Gute knallte sich den ganzen Tag schon Vodka mit Lemon in die Figur. Als sich der Abend dem Ende neigte, dackelten Mr. Belvedere und ich zum Zug zurück nach Hause. Wir freuten uns, dass der Streik für uns nicht wirklich stattfand. Allerdings hatten wir die Rechnung ohne den Lokführer gemacht. In Deptford ließ er verlauten, er mache jetzt Feierabend und fahre nicht weiter. Good Night! Wir stiegen aus und versuchten ein Uber oder ein Taxi zu ergattern. Fehlanzeige! Keinen Handyempfang und der Taxistand setzte schon Staub an. Hier war nix zu machen. Wir liefen etwas planlos durch die Straßen und wie durch Zufall entdeckte Mr. Belvedere eine Fahrgelegenheit. Er hielt ein weißes Taxi an, einen Elektro-Bentley. Sehr nobler Hobel, aber auch standesgemäß für uns zwei Schnapsdrosseln. Für über 40 Pfund fuhr uns der Kutscher aus Karachi nach Hause. Dort angekommen noch schnell die Zähne mit der Ekel-Zahnpasta geschrubbt und ab ins Bett.



Mit einem leichten Schädel wachte ich auf und machte mich langsam startklar. Mr. Belvedere schlug vor, wir könnten Richtung Woolrich fahren, dort frühstücken und ich dann weiter zu den Bastards in Claret & Blue. Klang für mich vernünftig. Allerdings hatte ich das Problem, dass ich Geld brauchte. Die EC-Karte hatte ich ja tags zuvor vergessen und die Kreditkarte wurde nicht gelesen. Am Bahnsteig des Vorortbahnhofes änderten wir die Pläne und fuhren doch zu London Bridge. Am Bankomat wollte ich mir wieder paar Scheine ziehen. Denkste! Auch diese Karte wurde nicht akzeptiert. Das war jetzt eher suboptimal. Mit dem letzten Bargeld lud ich die Oystercard erneut auf. Zumindest sicherte es mir meine Fahrt zurück nach Heathrow. Mit den letzten Pfund steuerten wir einen Pub an der Tower Bridge an. Ohne ein Traditional English Breakfast kann man unmöglich dieses Land verlassen. Dazu ein Doobar Ale und der Tag ist gerettet. Im Pub fiel uns eine gagernde Frauengruppe auf. Die feuerten sich nicht nur Wein hinein, nein, da ging auch der ein oder andere Kurze durch die Kehlen. Zuerst dachten wir, sie seinen übrig geblieben von einem Mädelsabend. Bei genauerer Betrachtung fiel auf, einige der Hühner hatten Schals von Fulham dabei. Das hatten wir beide nicht erwartet. Alleine deshalb gönnte ich den Cottagers den heutigen Sieg im Spiel. Wir aßen auf und gingen zurück zu Bahnhof. Dort angekommen steckte mir Mr. Belvedere 20 Pfund zu. Man könne nie wissen ob man sie nicht doch brauchen könne. Mr. Belvedere ist eine wahrer Freund. Millwalls Finest! Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg zu Spiel 2.


In Stratford angekommen wusste ich erstmal nicht wo genau ich hin musste. Es war hier einiges los. Die altbewährte Taktik, einfach der Meute hinterher laufen, klappte auch hier hervorragend. Aus dem Bahnhof raus und links die Treppen hoch. Ich war etwas verdutzt, denn wir liefen über eine Brücke direkt auf ein Einkaufszentrum zu. Um Gottes Willen! An dieser Mall standen dann Stewards mit Wegweisern herum, die einem den Weg zum London Stadium zeigten. Was muss man während seiner Schulzeit getrieben haben, um so einen Job annehmen zu müssen, dachte ich mir. Keine Ahnung. Hinter dem Shopping-Center konnte man das Stadion sehen. Eine große Schüssel, die so gar nicht zum Club passt, aber leider zum heutigen Fußball. Ich hatte allerdings die Hoffnung, dass es im Stadion besser werden würde. Am Eingang führte ein Ü60-Rastafari meine Kontrolle durch. Er tastete mich ab und als ich ihm meinen Rucksack hinhielt, zeigte er sich wenig interessiert und winkte mich durch. Okay, der denkt ich bin ein typischer Tourist. Heute hatte er sogar Recht. Da ich zu dämlich war die Wegweiser zu lesen musste ich einmal komplett um das Stadion laufen. Mann, Mann, Mann. Ab durch das richtige Drehkreuz und hoch in den richtigen Block. Auf dem Weg passierte ich Doritos Nachos und Popcorn-Stände und der Ekel setzte sich mir in den Nacken. Irgendwann fand ich meinen Platz und setzte mich. Unter dem Sitz war genügend Platz für den Rucksack. Ich fühlte mich wie in einem großen Open Air-Theater, aber nicht wie in einem Fußballstadion. Nur langsam füllte sich der Ground. Kurz vor Spielbeginn erklang das Kinderlied und über diverse Maschinen flogen zahlreiche Seifenblasen Richtung Spielfeld und Tribüne. Laut mitsingen können sie also noch, musste ich mir eingestehen. Ich schaute mich im weiten Rund um und suchte verzweifelt den Gästeblock. Der war hier nicht auszumachen. Erst als Fulham in einem recht flotten Spiel das 0-1 erzielte entdeckte ich sie. Schöner lauter Torjubel. Da waren bestimmt die Birds von vorhin, voll in ihrem Element. Um mich herum saßen viele Hopper und Touristen. Lustig war der Typ neben mir, der sich für eine Schweinekohle die Karte für dieses Spiel gekauft hatte, aber lieber auf dem Handy Feyenoord Rotterdam - FC Twente reingezogen hat. Jedenfalls wurde nun klar, weshalb so viele Hopper und Touris bei Millwall waren. Der Schwung Dänen hinter mir, als auch die Holländer zu meiner Linken waren wohl freitags bei QPR, samstags bei Millwall und sonntags hier bei Wet Spam. Das erklärte das gestrige Phänomen. Schrecklich, aber heute war ich ein Teil davon. Zurück zum Spiel. Tempo war gut, gute Zweikämpfe. Das passte soweit, nur das Ambiente nicht. Die Bubbles glichen via Elfmeter aus. Da war es dann schön laut. Gleiches galt für die Führung in Halbzeit 2, sehr laut. Erschreckend war, dass sich das Stadion ab der 75. Minute merklich leerte. Dabei drängte Fulham immer wieder auf das 2:2. Ich vermute, viele Touris wollten anscheinend vor der Masse zur Bahn kommen. Schade. Letztendlich endete das Spiel 3:1 für das Heimteam. Ich machte mich auf den Weg Richtung U-Bahn. Das Einkaufszentrum war nun abgeriegelt und man wurde durch unfassbar viele Stewards um dieses herum geleitet. Organisiert sind die hier, muss man ihnen ja lassen.


Mit der Underground ging es dann zum Flughafen. Nach 29 Stationen erreichte ich diesen dann auch. Richtige Ochsentour. Das Einchecken und die Sicherheitskontrolle waren schnell bewältigt. Dass meine Bankkarten nicht funktionierten, das fuchste mich noch immer. Also ab an den ATM-Geldautomaten. Hier im Transit bekam ich Geld. Junge, ich werde in diesem Land noch mal verrückt. Schnell noch einen Snack geholt und dann ab nach Hause. Es war wie so oft ein gelungenes Wochenende in Swinging London. Es hat sich erneut gezeigt was ich an Millwall so liebe und weshalb ich gerne in dieser Stadt verweile. Und der Sonntag wiederum zeigte noch mal auf, was ich alles am Modernen Fußball so hasse. Wet Spam hätte in seinem Boleyn Ground am Upton Park bleiben sollen. Hier gehört der Club hin. Aber sie denken, sie seien ein großer Club der zu mehr berufen ist. So kann man sich auch selbst belügen und bekommt was man verdient. Gegen den Modernen Fußball!

Millwall.....see you soon.....at PNE!