Auf nach Frankreich...Racing Club Strasbourg - OGC Nizza
Racing Club Strasbourg - OGC Nizza 0:0
Stade de la Mainau, Zuschauer 25.150, Auswärtsfahrer: ca. 200 (26. Feb. 2022)
Ob ich nicht zum Spiel von Racing Strasbourg gegen den OGC Nizza kommen möchte, fragte mich der Reinickendorfer Fuchs gut eineinhalb Wochen vor dem Spiel. In der Vergangenheit hatte ich schon einige Spiele vom RC gesehen und es war immer eine gute Zeit im Mainau. Zu Strasbourg habe ich ohnehin einige sehr gute Kontakte, folglich sagte ich spontan zu. Geplant war ohnehin ein Besuch Anfang April, aber den kann ich auf Grund eines Gerichtstermins in der Heimatstadt des Fuchses nicht wahrnehmen. Dann halt nun. Ich hatte Lust. Bei meinen letzten Besuchen gesellte sich immer Double-G dazu. Folglich fragte ich ihn, ob er wieder mitkommen möchte. Nee, also so früh ginge es nicht. So ab 13:30 könne er mitkommen. Gut, dann bleibst du halt zu Hause.
Am Samstagmorgen um kurz nach 7:30 Uhr klingelte mich der Wecker aus den Träumen. Das war aber kein Problem, denn zu Monatsbeginn fand ich während meines Corona-Hausarrestes genug Schlaf. Im Bad machte ich mich zurecht und verließ frohen Mutes das Haus. Diesmal plante ich mir genügend Zeit ein. Schließlich wollte ich mir, bevor ich den Zug betrat, noch ein passendes Frühstück holen. Ohne Zicken des ÖPNV erreichte ich den Hauptbahnhof. Dort holte ich mir ein stilechtes Baguette mit Salami und Käse, ein Wasser und als Dessert ein Croissant. Der ICE war überraschenderweise gerammelt voll, aber der Herr von Welt hatte für die Hinfahrt eine Platzreservierung. Ich nahm Platz und hoffte inständig, dass ich bis ins Elsass alleine in meiner Zweier-Sitzreihe verweilen durfte. Bis Mannheim ging der Plan auch auf. Dann kam sie auf mich zu geschlappt. Bepackt mit zwei Taschen und einem Rucksack. Dazu gekleidet mit alten Chucks, lila Samtleggins, blauem Cordrock, Batikshirt und Jeansjacke. Eine Soziologie-Studentin aus dem Bilderbuch, eine richtige Dörte. Klar, sie setzt sich neben mich, ans Fenster. Nachdem sie ihr Geraffel verstaut hatte und wir beide wieder saßen, begann ich meine Nachrichten zu checken. Der Reinickendorfer Fuchs war offensichtlich mit meinem geposteten Frühstück nicht einverstanden und meldete sich umgehend. Er bringe mir ein richtiges Croissant mit zum Bahnhof. Na, da bin ich ja mal gespannt. Ich schloss die Augen und wollte noch eine Runde ruhig vor mich hindösen. Leider machte mir die Dörte einen Strich durch die Rechnung. Sie nahm ihr Handy und rief erstmal ihren Kumpel Ralph an. Offensichtlich ist der Rollladen ihrer Schlafbutze gerissen. Dieser soll am Montag repariert werden, aber sie ist nicht zu Hause. Ob er nicht den Handwerker hineinlassen könne? Er würde Montag im Laufe des Vormittags kommen, eventuell aber auch am frühen Nachmittag. Unglücklicherweise muss der Ralph da aber arbeiten, weiß aber offensichtlich noch nicht wann genau und wie lange. Vielleicht kann die Miriam aber den Schlüssel abholen und dem Handwerker öffnen. Aber er ist sich nicht sicher, ob er sie morgen sehen wird. Das wiederum war der Dörte aber nicht so recht, denn die Miriam sei ja schon etwas komisch. Spätestens jetzt bereute ich, mir ein Wasser und nicht einen Buddel Rum am Bahnhof gekauft zu haben. Das Gelaber durfte ich bis zum Zielort Strasbourg ertragen. Da stiegen wir dann beide aus....ohne "Auf Wiedersehen" zu sagen. Besser war es!
In Strasbourg angekommen begab ich mich direkt vor den Bahnhof und kontaktierte den Fuchs. Dieser hielt am Bahnsteig Ausschau nach mir. Da hatten wir uns wohl verpasst. Als er den Vorplatz erreichte hielt er mir direkt eine Bäckertüte mit zwei Croissants entgegen, damit ich mal anständige essen könne. Gut, was soll ich sagen? Der Mann ist Experte und hatte Recht. Deutlich schmackhafter als vom heimischen Großbäcker. Wir unternahmen einen gemütlichen Spaziergang durch die Innenstadt Strasbourgs. Muss man neidlos anerkennen, das ist schon schön hier. Der Plan für den heutigen Tag war schnell gemacht. Wir würden zuerst zu ihm gehen und dort zu Mittag essen und dann am frühen Nachmittag Richtung Stadion und Kneipe gehen. Dort würden wir dann noch einige Leute treffen. Danach geht's ins Stadion. Das klang nach einem Plan. Nach dem wir durch die City gelaufen waren, nahmen wir die Tram zu ihm nach Hause. Stilecht wohnt der Reinickendorfer Fuchs in der Platte, so wie er es wahrscheinlich von zu Hause kennt. Man bleibt sich halt gerne treu. Frau Fuchs wartete schon mit dem Filius auf uns. Kaum angekommen fragte sie direkt, was wir trinken wollen. Bier, Wein oder Champagner? Jawoll, hier bin ich richtig. Der Hausherr und ich zogen uns erstmal ins Wohnzimmer zurück und klönten eine Weile über Fußball und den Job. Wie der Zufall so wollte, haben wir beide nix ordentliches gelernt. Gleich und gleich gesellt sich gerne. Frau Fuchs aß dann schon früher mit dem Sprössling, denn dieser hatte am frühen Nachmittag selbst ein Fußballspiel. Als Deutscher in Frankreich kann man nur eine Position spielen, richtig, Torhüter. Da hat der Franzmann direkt Respekt, spätestens wenn man Monsieur Battistton fragt. Etwas später aßen wir zu Mittag. Die Lasagne von Frau Fuchs war eine Wucht, alle Achtung. Am frühen Nachmittag gingen wir dann zur beliebten Kneipe in Stadionnähe. Das Wetter war herrlich, zwar frisch, aber die Sonne schien. Was will man mehr? Nach gut 15 Minuten passierten wir das Stadion und bald darauf kamen wir an der Kneipe an. Mundschutz ja/nein...egal....rein auf die Terrasse. Hier wartete schon Napoleon und der kl. Handwerker. Schnell "Salut!" gesagt und ab an die Bar und zwei Piconbier bestellt. Darauf freute ich mich schon den ganzen Tag. Diese Spezialität gehört hier einfach dazu. Bier alleine reicht ja nicht, also wird dies auf einen ordentlichen Schluck Orangenlikör gezapft. Da muss man Acht geben, nicht zu viel davon zu trinken. Klappt in der Regel.....nicht!
Napoleon kenne ich schon seit gut 10 Jahren. Wir liefen uns das erste Mal bei einem Spiel von Millwall im berüchtigten Pub "Whelan" über den Weg. Die Chemie stimmte vom ersten Augenblick. Wir unterhielten uns eine Weile über die aktuelle Situation im Fußball und abseits davon. Man trifft sich im Endeffekt viel zu selten. Später kam auch noch der Moustache aus Baden hinzu. Die Runde wurde immer geselliger und kurzweiliger. Das hieß aber im Umkehrschluss, das Piconbier lief und lief. Nach dem Spiel des Sportclubs aus K'ruhe gesellte sich Mister Casual himself, The Beard, hinzu. Das freute mich besonders, denn wir laufen uns sonst fast nie über den Weg. So klein wie die Fußballwelt ist, so groß ist sie dann manchmal auch wieder. Selbstverständlich wurde erneut eine Runde Elsässer Trinkgut besorgt. Der Nachmittag nahm Fahrt auf. Keine Ahnung weshalb die Zeit so schnell verflog. Plötzlich stand der Filius neben dem Reinickendorfer Fuchs. Er hatte sein Fußballspiel beendet und kam dann zur Kneipe um mit uns später das Spiel zu sehen. Natürlich wurde er gefragt, wie sein Spiel ausgegangen sei. Nun, er habe ganz gut gespielt, leider hätten sie aber 2:5 verloren. Das nenne ich Selbstbewusstsein. Sich 5 Eier reinhauen lassen, aber glauben, man habe als Torhüter ein gutes Spiel gemacht. Hier reift ein Titan heran. Napoleon verabschiedete sich vorzeitig aus unserer Gruppe. Er habe im Stadion noch etwas zu organisieren. Wir verbrachten noch einige Runden Piconbier im Biergarten der Kneipe und machten uns dann auf den Weg zum Stadion. Vor dem Stadion waren Zelte aufgebaut, in denen man seinen Impfstatus checken lassen musste. Corona war dann doch noch irgendwie präsent. Nach kurzer Wartezeit war dies erledigt, noch schnell die Sicherheitskontrolle am Stadioneingang hinter sich bringen und fertig. Wenn man sich vor Augen hält wie kontrolliert wird, da bleibt nur festzustellen, man kann es auch gleich sein lassen.
Im Stadion geht jedem Fußballromantiker das Nostalgieherz auf. Eine richtige Bruchbude ist dieses Stadion. Alt, abgeranzt und mit ganz viel Charme. Hier spürt man noch die Wurzeln des Fußballs. Kein Chi Chi, aber ganz viel Pöbel & Gesocks. Mit Zwang ist beim Franzosen an sich ohnehin nichts zu gewinnen und somit ist Blockzwang hier auch ein Fremdwort. Wir gingen alle in den selben Block, im Unterrang der heimischen Hintertortribüne. Über uns standen die Ultras von Racing Club und machten ihrem Team richtig Dampf. Herrliche Atmosphäre, mal wieder. Das Stadion war rappelvoll und man merkte wie zufrieden der Anhang mit der Mannschaft und der aktuellen Saison ist. Das internationale Geschäft ist in Reichweite. Gleiches galt für den Gegner aus Nizza. Somit war es eigentlich das Topspiel der Ligue 1. Der Tabellenvierte gegen den Fünften. Alléz! Enttäuschend war der Auftritt im Auswärtsblock. Vielleicht 200 Seelen verirrten sich hier. Akustisch waren sie nicht zu vernehmen, zumindest nicht von mir. Zum Spiel kann ich gar nicht so viel sagen. Strasbourg das bessere Team, aber nicht in der Lage ein Tor zu erzielen. Nizza noch ungefährlicher. Bei Nizza spielen aktuell zumindest 2 bekannte Spieler. Zum einen der aus der Bundesliga bekannte Brasilianer Dante und der Sohn vom ehemaligen Oranje-Star Patrick Kluivert, Justin. Beide hatten auch ihre Auftritte im Spiel. Dante gefiel es offensichtlich so gut in der Kabine, dass er sich in der 48. Minute die Ampelkarte abholte und Feierabend machte. Kluivert jr. durfte nach 66 Minuten vom Platz. Bis dahin trug er gemütlich sein Trikot spazieren. In der 85. Minute konnte er aber offensichtlich sein Schandmaul nicht halten und wurde wegen Beleidigung vom Schiri zum duschen geschickt. Von der Auswechselbank aus, Respekt dafür. Bestimmt berechtigt, denn ich habe es ehrlich gesagt nur im Ticker später gelesen. Meine Aufmerksamkeit galt dann doch eher den Jungs, die mich begleiteten und der Tatsache, dass verdursten kein schöner Tod sein soll und dies unter allen Umständen zu vermeiden sei. Deshalb stets einen gefüllten Becher am Mann haben. Immer wieder schaute ich auf die Anzeigetafel, um zu kontrollieren, ob ich was verpasst haben könnte. Da das Spiel 0:0 endete, war das wohl nicht der Fall. Gegen Ende des Spiels war der Helm bei mir maximal lackiert. Der Reinickendorfer Fuchs hatte ja alibimäßig den Sohnemann dabei, so hatte er den Tag besser im Griff. The Beard verwies immer wieder auf die Tatsache, er müsse noch nach Hause fahren. Die Jungs waren cleverer. Nach dem das Spiel abgepfiffen wurde eierten wir zurück zur Anfangskneipe. Ich hatte noch eine Weile bis ich den Zug nach Hause nehmen konnte. Was soll man machen bis dahin? Vielleicht noch ein Piconbier schnabulieren? Gesagt, getan. Dann verabschiedeten sich der Moustache aus Baden und ich mich von unserer Gruppe und wir bestiegen zeitnah die Bimmelbahn nach Offenburg.
Dort angekommen hatte ich noch gut eine halbe Stunde Zeit, um den Anschluß-ICE nach Hause zu nehmen. Wir gingen zum Imbiss des Vertrauens mit dem Namen "Nazar" und ich deckte mich, warum auch immer, mit einer Pide ein. Diese nahm ich dann wegen der doch längeren Zubereitungszeit direkt mit in den Zug. Hier hatte ich keine Platzreservierung. Ich stolperte durch den Zug und ließ mich an einem Vierertisch nieder. Neben mir saßen zwei Fußballfans der Berliner Hertha. Die zwei Vögel kamen gerade aus Freiburg, wo sie 3-0 in den Sack gehauen hatten. Da taten sie mir etwas leid. Allerdings hatten sie eine stattliche Anzahl an Tannenzäpfle in ihrem Arsenal. Ich tauschte zwei Stücke Pide gegen ein Tannenzäpfle. Unter dem Strich habe ich wohl das gesündere Geschäft gemacht. Lecker war mein Futter jedenfalls nicht. Nach einer Weile taumelte ein Besoffski zu mir herüber, blieb vor mir stehen und sagt:"Fuck...der trägt Sapeur. Von denen hab ich letztens aufs Maul bekommen." Ich schaute ihn perplex an und antwortete nur "What??" Darauf hin rief er quer durch den Wagon " Jungs, Vorsicht. Sonst knallt das wieder." Die beiden Herthaner und ich schauten uns an und dann wieder ihn. Er machte auf dem Hacken kehrt und verschwand. Keine Ahnung welche Jungs er meinte, aber zu sehen waren keine. Ich wollte nur noch nach Hause. Junge, Junge! Nach einer Weile rüttelte es an meinem Arm. Einer der Herthaner weckte mich und teilte mir mit, wir seinen nun da und ob ich nicht aussteigen möchte? Nee, wollte ich nicht, allerdings war es doch die bessere Wahl. Nochmal Danke an die Hauptstädter fürs Wecken. Ihr habt ein Schultheiss bei mir gut. Ich stapfte Richtung U-Bahn. Da eine Wartezeit von 20min auf die richtige Bahn für mich inakzeptabel schien, versuchte ich mein Glück bei der S-Bahn. In der Theorie dachte ich, es sei immer besser in Bewegung zu bleiben als hier rumzustehen. Prompt nahm ich die erste einfahrende Bahn. Völlig müde pflanzte ich mich auf einen Sitz und schloss nur ganz kurz die Augen. Als ich sie wieder öffnete......Mist, eine Station zu weit gefahren. Also raus aus dem Wagon und rüber zum anderen Gleis. Hier wartete ich auf die nächste Bahn, um die eine Station wieder zurück zufahren. Als diese eintraf war ich erleichtert. Ich wollte nur noch nach Hause. Schnell für 30 Sekunden die Äuglein schließen. Zack...wieder auf. Prima, erneut eine Station zu weit gefahren. Der Selbsthass begann sich zu entwickeln. Ich wechselte zum wiederholten Male den Zug, blieb aber nun stehen. Nach einer Station wechselte ich zur U-Bahn. Um auf Nummer sicher zugehen, blieb ich die ganze Fahrt über stehen, ganz alleine in der Bahn. Sicher ist sicher! Irgendwann kam ich zu Hause an. Die letzte Amtshandlung war, sich das Nachtgewand anzuziehen, um sich dann statt ins Bett auf die Couch zu legen. Ob dann noch der Weg ins Bett gefunden wurde, bleibt an dieser Stelle offen.....
Unter dem Strich mal wieder ein lustiger Ausflug zum Fußball und zu guten Freunden.
Au revoir!
Nächste Woche.....London is calling!!